Heute ist internationaler Welt-AIDS Tag
Dazu eine Übersicht Dresdner Angebote und ein kurzer Text über die queere Selbstorganisierung in der Pandemie
Beratungsstelle für AIDS und sexuell übertragbare Infektionen
– anonym und kostenlos
– nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung
Telefon 0351-4888290
Bautzner Straße 125
E-Mail gesundheitsamt-aids-std@dresden.de
Aids-Hilfe Dresden e.V.
– HIV-Selbsttests
Zur Historie der Selbstorganisierung um HIV/AIDS:
Die Geschichte um HIV und AIDS in Deutschland ist neben unzähligen Schicksalen auch die einer herausragender Selbstorganisierung. Nachlesen könnt ihr das z.B. in dem Buch ‚Die Kapsel‘ von Martin Reichert – ausleihbar im malobeo.
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Das Virus wurde von politischer Seite zuerst nicht ernstgenommen, Prävention und medizinische Versorgung sogar abgelehnt und die Krankheit sowie Betroffene zutiefst stigmatisiert. Die Queers starben an politisch gewolltem Versorgungsnotstand — und begehrten auf:
Als die Krankheit AIDS 1982 in Europa zuerst beobachtet wurde, war die extrem hohe Sterblichkeitsrate durch Zahlen aus den USA bereits bekannt. 1983 kam eine Tagung deutscher Fachmediziner(*innen?) trotzdem zu dem Schluss, es seien „keine außergewöhnlichen Maßnahmen notwendig, da sich die Epidemie lediglich auf bestimmte Randgruppen beschränke“. Der bayrische Kultusminister ergänzte, diese seien „auszudünnen“. Gemeint waren hauptsächlich Schwule, Bisexuelle, später auch Sexarbeitende und Fixer*innen.
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Der folgende gesellschaftliche, medizinische und politische Diskurs war und ist nachwievor geprägt von schwulenfeindlichen Ressentiments, häufig aufgehangen an Sexualmoral. Anfangs noch ohne zu wissen wie sich das HI-Virus überhaupt überträgt, wurde zuallererst sexuelle Freizügigkeit, unsittlich geltende Sexpraktiken und Homosexualität an sich problematisiert.
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Damals war z.B. das Bundesseuchenschutzgesetz Hebel für repressive und diskriminierende Maßnahmen (Razzien & Schließungen von Zentren und Szenetreffs), es gab Rufe nach Melderegistern, Zwangstestungen und „Aussonderung“ Infizierter in speziellen Heimen (Seehofer, CSU).
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Zielgruppenorientierte Angebote gab es erst nur von selbstorganisierten Strukturen:
Dazu gehörten Testzentren, Aufklärungs- und SaferSex-Kampagnen, Bildungsarbeit, ein rießiger Part emotionale Arbeit und Community Building um von Familien verstoßene Aufzufangen, Sterbebegleitung und Pflegearbeit, Rechtsbeistand, Kunst und öffentliche Aktionen zivilen Ungehorsams um Druck auf Politik und Pharmazie auszuwirken.
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Die AIDS Pandemie riss ein klaffendes Loch in die trotz allem selbstorganisierte und widerständige Queer-Community. Die 30.000 Toten in Deutschland [2] (~450.000 in USA [3]) führten zu merklich leereren LGBT*Q+-Zentren und grub sich ins kollektive Gedächtnis einer traumatisierten Generation.
Deswegen erinnern wir uns; an Verstorbene, Überlebende, ihre Kämpfe, Umgänge und Aktionen und die Notwendigkeit einer queeren Organisierung.
Solidarische Grüße an Queer Pride Dresden < 3
Und hier noch eine Artikel Empfehlung: Queer in Ostdeutschland? – Warum wir eine queere Antifa dringender brauchen denn je
[1] Martin Reichert (2018): Die Kapsel – AIDS in der BRD
[2] RKI 2019